Das Screening

Organisationen, die von Beginn an einen umfassenden, analysegestützten Prozess gehen wollen, können zur Bestimmung von Handlungsfeldern in ihrer Organisation und vor der Auswahl von Massnahmen ein Screening durchführen. Die Besonderheit des Screenings liegt darin, dass sich Unternehmen einen generellen und auf Frauen 45+ fokussierten Einblick über die strategische Ausrichtung ihrer Personalentwicklung und Karriereförderung verschaffen können. Erfolgsfaktoren sowie Problembereiche der operativen Umsetzung sind erkennbar.

Zusammenhang von Screening und House of Careers

Das Screening unterscheidet vier Elemente, mit denen der Blick gelenkt wird auf:

  • die strategische-konzeptionelle Ebene: Politik, Philosophie und Kultur von Karriere- und Laufbahnentwicklung,
  • die strukturelle Ebene: Organisation, Struktur und Prozesse/Systeme von Karriere- und Laufbahnentwicklung,
  • die Beteiligten von Karriere- und Laufbahnentwicklung und
  • die Ergebnisebene mit der Frage, ob die Organisation Zielgrössen zur Bewertung des Zustands von Entwicklung und Chancengleichheit nutzt.

Fundiert sind die Kategorien des Screenings wie folgt:

Damit wirksame Entwicklung und Förderung stattfinden kann, sind ihr Sinn, verbundene Zielsetzungen und die Erwartungen an die betrieblichen Beteiligten zu formulieren und offenzulegen. Erfolgreiche Förderung setzt ein hohes Mass an Selbstverpflichtung voraus (Lutz 2018), die sich erst durch ihre Transparenz einfordern und durch die Unterlegung mit finanziellen Mitteln umsetzen lässt.

Traditionelle Karrieren/Laufbahnen werden in vielen Organisationen aktiv gefördert. Mit selbstgesteuerten Karrieren sieht dies oft anders aus. Sollen Frauen 45+ gefördert werden, ist eine grössere Vielfalt im Falle von Unterstützung der Karriereförderung sinnvoll. Erfasst wird hier, ob die Entwicklung von Mitarbeitenden in den jeweiligen Organisationen unterschiedliche Karriere- und Laufbahntypen fördert.

Diese Kategorie wendet sich der Vermeidung von struktureller Diskriminierung zu. Die unterschiedliche Anerkennung von Stationen in Frauen- und Männerdomänen oder typisch weiblicher Karrieremuster muss erkannt, und ihr muss aktiv begegnet werden. (Lutz 2018)

Förderung und Entwicklung von Mitarbeitenden ist kein Selbstzweck. Die prognostische Planung des künftigen Personalbestandes in quantitativer und grundlegender qualitativer Hinsicht sowie die Gewährleistung der Besetzung von Schlüsselfunktionen sind ein wesentliches Element strategischen Handelns und des Vermeidens von Personalrisiken. (Redzepi, Olbert-Bock und Berendes 2018)

Stellenbesetzungen sollten sich an den Anforderungen orientieren, und es gilt Biases aus z. T. unbewussten Präferenzen, etwa entlang eines gedachten «Prototyps» von Führung zu vermeiden, aus denen einerseits Vorurteile und Benachteiligungen für den Einzelnen (Lutz 2018) sowie Nachteile für eine optimale Stellenbesetzung für das Unternehmen/die Organisation entstehen können. Das Ausmass an Kompetenzorientierung ist daher wesentlich, damit Förderung und Entwicklung unmittelbar mit den Unternehmenszielen gekoppelt sind und dabei Chancengleichheit ermöglicht wird.

Angesichts zunehmender Einforderung von Selbstverantwortung für Entwicklung und Förderung, die oft «klassische» Karrieren ablöst, sind Erwartungen an die Beteiligten zu klären und offenzulegen sowie Missverständnisse zu vermeiden.

Gute Prozesse und Praktiken nützen nur dann, wenn sie gelebt werden (können). Voraussetzung ist, dass Wissen über die Ziele und die korrekte Umsetzung von Praktiken besteht sowie dass die erforderlichen Ressourcen zu ihrer Umsetzung genutzt werden. (Olbert-Bock et al. 2019)

Bezogen auf Alter und Geschlecht bestehen zahlreiche Formen der Diskriminierung, die auf nicht bewussten oder nicht offengelegten Stereotypen basieren und in Fremd- und Selbstdiskriminierung münden. Hierzu zählt etwa die ausdrückliche Bevorzugung jüngerer Bewerber (dazu Hille 2019) aufgrund beispielsweise der Erwartung einer geringeren Flexibilität oder der Vermutung einer geringeren Digitalkompetenz Älterer. Es gilt Stereotypen aufzudecken (Lutz 2018) und einen sie begünstigenden Diskurs in Organisationen und jedes Einzelnen zu unterbinden.

Karriere- und Laufbahnentwicklung werden dann konsequent umgesetzt, wenn ihre Ergebnisse Gegenstand von Controlling und Reporting sind. Es wird erfasst, ob dies erfolgt, und wie weitreichend. Es ist sinnvoll, konkrete Chancengleichheitsziele zu formulieren und ihr Erreichen zu überprüfen.

Vom Screening zum Konzept und passgenauen Massnahmen.

Das Screening bietet die Gelegenheit, die eigene Förderpolitik, Strukturen sowie bestehende Prozesse zur Förderung von Mitarbeitenden entlang spezifischer Kriterien zu bewerten. Im Sinne eines eine «Route Maps» ist zudem die Aufnahme nach Veränderungswünschen und -vorstellungen Gegenstand des Screenings. Ergänzend werden Unternehmen nach Wünschen zu konkreten Massnahmen befragt. Im weiteren Prozess wird besprochen, ob und wo Aktivitäten prioritär vorgesehen werden sollen.

Damit die Aktivitäten nicht ein Strohfeuer darstellen, sondern nachhaltige PE- und Karriereentwicklung (von Frauen 45+) entsteht, muss sie immer wieder ins Bewusstsein der Organisationsmitglieder geholt und konzeptionell weiterentwickelt werden. Entsprechend empfiehlt sich das «Nachlegen» weiterer Massnahmen, die Darstellung der Aktivitäten im Rahmen der internen Kommunikation sowie die Wiederholung des Screenings in regelmässigen Abständen.